Lieber Max, wir wollen gute Freunde bleiben, Na
schön, ich will, daß du mein guter Freund bleiben willst. Na
schön,. bleiben ist falsch, denn ursprünglich waren wir einander
mehr, aber jetzt möchte ich, daß wir uns auf eine Freundschaft
einigen, sei nicht kindisch, sei nicht trotzig, wirf deine Vorwurfsblicke auf
den Sondermüll und werde mein Freund, weil ich nicht die geringste Lust
habe, dich als Feind in meinem Rücken zu wissen oder mich gar mit einem
schlechten Gewissen herumzuschlagen deinetwegen.
Also, wirklich, Max. Man ist heutzutage nicht mehr so. So
rachsüchtig, so besitzergreifend, so nachtragend.
Jaja, zunächst habe ich Besitz ergriffen. Als ich dich
seinerzeit sah, so-groß-so-blond-so-klug-so-schön, habe ich dich
begehrt, nicht als Freund wollte ich dich, sonder mit Haut und Haar, laß
mich dein ein und alles sein, habe ich gefordert, lebenslänglich, habe ich
gefordert, ich bitte dich, Max, das sagt man eben, das meint man auch,
momentan, aber doch nicht noch Jahre später. Mehr Flexibilität, Max!
Innovation!
Ihr Männer seid zu immobil, da
dürft ihr euch nicht wundern, wenn man euch aufs Häusliche
festnagelt.
Sag nicht, du hast mir deine Karriere
geopfert. Du wolltest doch auch, daß wir möglichst viel zusammen
sein sollten, und ob du wirklich je eine Karriere vor dir hattest, ist
äußerst fraglich. Ich erinnere mich noch, wie du einmal sehr
angewidert aus dem Büro nach Hause kamst, als du noch in Büro gingst.
Das mit dem knappen Haushaltsgeld war vielleicht nicht sehr nett von mir, ich
bin eben auch nur ein Mensch. Menschen machen Fehler. Das mit den Kindern war
vielleicht nicht sehr nett von mir, okay, okay, hast sie ja jetzt dann für
dich, deine Kinder, ich pfusche euch nicht mehr ins Handwerk.
Wärst du halt auch fremdgegangen, ich habe die Parole Monogamie
ausgegeben, das streite ich gar nicht ab, aber sei einmal ehrlich, Max, wie
wäre dir denn zumute gewesen, wenn ich von vornherein gesagt hätte:
Polygamie!? Und dann, Max, es hat ja auch gestimmt: Ich wäre
tatsächlich verletzt gewesen, wenn du mit einer anderen - ich habe das mit
der Monogamie wirklich ernst gemeinst, nur: Der Alltagstrott, die Versuchungen,
die Hormone... Ich bin keine Heilige.
Außerdem
spielt das Herumbumsen bei der Frau keine Rolle, seelisch, meine ich, ihr
investiert da immer gleich Gefühl, aber bei uns ist es eine rein physische
Angelegenheit. Ich wäre verletzt gewesen, aber ich hätte dir
selbstverständlich einen Seitensprung zugestanden, nachdem ich -
beziehungsweise nachdem du,, das ich... Zumindest hätte ich nichts
verhindern können, wenn du wirklich gewollt hättest. Du hättest
ja auch diskret springen können. Ich hätte gar nix erfahren
müssen. Jedenfalls: Wirf mir nicht vor, du hättest meinetwegen was
versäumt.
Hör einmal: Vorbei ist vorbei.
Leg die alten Platten weg, Max. Ich kann dir die verdammte Biedermeierkommode
nicht ersetzen, Erbstück hin, Erbstück her. Nein, das Haus ist meins,
tut mir leid. Nein das Auto habe ich von meinem sauer verdienten Geld - ich
verstehe dich nicht, Max. Sollten wir so tief gesunken sein, daß wir
einander mit Anwälten drohen müssen? Max, zerstör nicht alles,
was zwischen uns war, indem du dich jetzt wie ein kleinlicher
Spießbürger aufführst! Bevor ich dir diesen unseligen Boxhieb
versetzt habe (ach Gott, wann wirst du endlich aufhören, mir die
vermaledeite kleine Entgleisung vorzuhalten!), war ich oftmals sehr lieb zu
dir. Sehr. Ich begreife dich nicht, Max. Wie kannst du dich dermaßen
feindselig betragen, mir gegenüber, mit der du einst Hand in
Hand...
Die Reise nach Florenz, Max, das Bild, das du
mir gestickt hast, hast du alles vergessen, weil du plötzlich so hart
geworden bist, so fremd? Oder warst du schon immer so, und nur ich in meiner
Verliebtheit habe mich einer Illusion hingegeben? Es wird seine Gründe
haben, Max, daß ich mich von dir auseinanderentwickelt habe, es wird
seine Gründe haben.
Himmelarschundzwirn, Max,
laß uns gute Freunde sein, oder ich zeig dir, wo Gott wohnt!